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MEXIKO ERLEBEN Die rote Cochenille in der Kunst

Bereits vor der Ankunft der Spanier ab 1519 gab es erste Produktionen in den Gebieten von Tlaxcala, Huejotzingo, Cholula, Tepeacca, Tecamachalco und einigen Regionen Oaxaca`s, die von den dortigen indigenen Bewohnern betrieben wurden.

 

 

 

Nach der Konquistation erkannten viele Künstler schnell die leuchtende Kraft des Karminrots und verwendeten es neben Zinnober  in vielen Schriftstücken.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Adelsbrief, 1567

Museo de Franz Mayer, Mexiko-Stadt

Papierschrank, Pátzcuaro, Michoacán, 18. Jhtd.

Holz, polychrom

Museo Franz Mayer, Mexiko-Stadt

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Auch in der Holzverarbeitung und vor allem zur Färbung von Stoffen fand das Pigment der Cochenille reichlich Anwendung.

Im Laufe des 16. Jahrhunderts setzte sich die Farbe auch in der Malerei durch und hielt schließlich mit Beginn des 18. Jahrhunderts ihren Einzug in die europäische Kunst. 

 

Dieses Gemälde entstand um 1550, als der Gebrauch der mexikanischen Cochenilla in der venezianischen Malerei gebräuchlich wurde. Der Gebrauch der Cochenilla in der Textilindustrie förderte auch seine Anwendung in der Malerei, wie es zum Beispiel bei Jacopo Robusti, bekannt unter dem Namen “Tintoretto”, der Fall war, der als Sohn eines Färbers Zugang zu diesem Farbstoff fand.

 

 

 

Im unteren Teil dieses Gemäldes, in dem der Körper Christi dargestellt ist, kann man erkennen, wie geschickt der Maler die Farbe einsetzte, um die Weichheit und Transparenz von Stoffen auszudrücken. 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Grablegung Christi

Jacopo Robusti, Tintoretto, ca. Ende 1550

Öl auf Leinwand

Schottische Nationalgalerie

 

Im Rahmen der Ausstellung “Rojo Mexiáno” im Museum des Palacio Bellas Artes wurden umfangreiche und sorgfältige Recherchen hinsichtlich der Verwendung der Cochenilla in allen Sparten der Kunst untersucht und in zahlreichen Werken dargestellt.

 

Auch in der Holzschnitzerei konnte sie nachgewiesen werden, wie zum Beispiel an der Oberfläche dieser Madonna aus dem 18. Jahrhundert.

 

 

La Virgen de los Remedios ( Wundermadonna)

18. Jahrhundert, unbekannter Künstler

Geschnitztes Holz, polychrom, vergoldet, gebrannt, Sgrafito

Museo Franz Mayer, Mexiko-Stadt

 

Wandbehang aus Damast, unbekannter Autor

(wahrscheinlich französischer Herkunft)

18. Jahrhundert

Museo Franz Mayer, Mexiko-Stadt

 

 

 

Die Macht der Farbe

In der Kulturgeschichte spielte die Farbe Rot eine äußerst bedeutende Rolle um soziale Hierarchie und ökonomische Stärke auszudrücken.

 

 

Die Verwendung des Farbpigments war daher nicht allen sozialen Schichten möglich. Der Farbstoff war aufgrund seiner aufwendigen Herstellung teuer und entwickelte sich somit auch zu einer Form von Prestigeobjekt, der nur elitären, privilegierten Schichten vorbehalten war.

 

 

So war seine Verwendung auch eine Ausdrucksform von Macht, der auch in der kirchlichen Kunst Ausdruck verliehen wurde. In den Bildern von Jungfrauen, Christus, Heiligen oder hohen Würdenträgern wurde die Farbe somit ein zusätzlicher Faktor um die Wichtigkeit der Darstellungen zu betonen. 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Jungfrau mit Kind

Sebastián López de Arteaga

( 1610 Spanien - 1652 Mexiko)

 

17. Jahrhundert

Öl auf Leinwand

 

Museo Nacional de Arte, INBA, Mexiko-Stadt

 

Einer der Maler, der in vielen Porträts die Macht und Stärke der Porträtierten auch durch den Einsatz der Farbe bekräftigte, war Tizian.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Person auf dem Bild zeigt wahrscheinlich Ferrante Gonzaga, einen  jungen Adeligen, der eine vorbildliche militärische Karriere absolviert hatte und von Karl V. ausgezeichnet wurde.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Tizian war einer der ersten italienischen Maler, der die Cochenilla in seinen Gemälden anwandte.

 

 

In diesem  Gemälde, “Die Familie Vendramin”, benutzt er das Rot als Ausdrucksmittel für Noblesse und Reichtum.

 

 

Auch Rubens und Van Dyck verwendeten Cochenille.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Peter Paul Rubens

El Cardenal Infante de Habsbúrgo,

Kronprinz Ferdinand von Habsburg

1634-35

Öl auf Leinwand

337,5 x 261 cm

Museo del Prado, Madrid

 

Anton van Dyck

Porträt Prinz Karl Ludwig., ca. 1637

Öl auf Leinwand

Sammlung Perez Simón, Mexiko-Stadt

 

 

Diego Velázquez,

Erzbischof Ferdinand von Valdés, ca. 1645

Öl auf Leinwand

 

Nationalgalerie, London

Der Imagewandel

Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts kam es innerhalb der europäischen Gesellschaft zu einem Wandel hinsichtlich der Einstellung gegenüber der Verwendung der Cochenilla.

Der anfängliche Faszination wich eine Vision kritischer Natur. Viele Künstler wollten sich nicht mehr über die Farbe unter den Eindruck der Macht und des Reichtums begeben.

Der Gebrauch der Cochenilla wurde auch vielseitiger gesehen und ihr Gebrauch als reines Ausdrucksmittel der Macht ging nach und nach zurück.

Nichtsdestotrotz schätzten sie viele Künstler weiterhin, allen voran die Impressionisten, Neoimpressionisten und Postimpressionisten, erforschten, tugendlich und aus reinem Interesse, die Möglichkeiten der Farben und blieben der Cochenilla schließlich treu.

 

 

Erwähnt werden sollte auch die Präsenz der Cochenilla in den japanischen Holzschnitten des 19. Jahrhunderts. Auch für sie bedeutete sie eine Quelle der Inspiration und zeugt davon, dass die grana cochinilla aus Mexiko schließlich die ganze Welt erobert hatte.

 

Der britische Romantiker und Vorläufer des Impressionismus, William Turner, pflegte seine Pigmente sehr, sehr fein zu mahlen.

Die Cochenille hat unglücklicheweise eine weniger gute Eigenschaft: sie ist nicht sehr lichtecht und verblasst über einen längeren Zeitraum hinweg.

 

Diese letzten beiden Umstände machen es deshalb schwierig, die Cochenille in seinen Werken nachzuweisen, allerdings findet sie sich in seinem Farbkasten.

 

 

Es ist deshalb auch sehr wahrscheinlich, dass er für sein letztes Bild “Der Besuch am Grabe” die Farbe der Cochenille verwendete. 

 

 

Joseph Mallord William Turner

Der Besuch am Grabe, ca. 1850

Öl auf Leinwand

 

Tate Gallery, London

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Untersuchungen ergaben allerdings, dass Der Besuch am Grabe sehr identische Eigenschaften mit einem anderen Bild Turners aufweist, in dem er das Karminrot der Cochenille eingesetzt hatte. 

 

Odysseus verspottet Polyphemus, 1829

Öl auf Leinwand

( National Gallery London) 

 

Pierre-Auguste Renoir

Madam Léon Clapisson, 1883

Öl auf Leinwand

 

Art Institute of Chicago, Collection Ryerson

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Wie fast alle Impressionisten, benutzte auch Auguste Renoir die Cochenille um Rottöne in seinen Bildern zu schaffen.

 

Nichts deutet darauf hin, dass Renoir hier zur Cochenille gegriffen hatte.

Erst der Zufall und einedurch eine neue Untersuchungstechnik brachten die Geheimnisse ans Licht (ín ).

 

Van Gogh und die Cochenille

Jener Künstler, in dessen Werk bis heut der Einsatz der Cochenille am häufigsten gefunden werden konnte, ist mit Abstand Vincent van Gogh. 

Die Ausstellung "Rojo Mexicano" gibt alleine fünfzig seiner Gemälde an, die den Nachweis der Cochenille-Farbe bestanden, man vermutet aber, dass es weit mehr Werke sein könnten.

 

 

Karmin ist wie das Rot von Wein,               mit derselben lebhaften Wärme.

                                                                                                                                                   Vincent van Gogh

 

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