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MEXIKO ERLEBEN Mexiko und der Tod

Kapitel 1 - Die vier Orte des Jenseits und ihre Herrscher

Für die antiken Völker Mexikos war der Tod kein Ende, sondern nichts anderes als logischer Teil eines Zyklus`, der die Fortführung des irdischen Lebens bedeutete.

 

Die Themen, die damals den Alltag prägten drehten sich unter anderem um die Beobachtung der Natur, im Speziellen der Sonne und der Gestirne.

 

Man hatte festgestellt, dass die Sonne morgens aufging, abends wieder verschwand, um am nächsten Morgen wieder über den Horizont zu steigen.

Ähnlich verhielt es sich mit den Sternen, nur in umgekehrtem Sinn.

 

Ebenso beobachtete man im Herbst das Sterben der Natur, die im Frühjahr wieder zu Leben auferstand.

 

Die Natur und mit ihr alle Lebensformen wurden als ein Kreislauf angesehen, mit dem Tod als fixen Bestandteil.

 

Man ging davon aus, dass alles Leben nicht wirklich zugrunde ging,

Ein Verschwinden der Lebenskraft, auch jene des eigenen Lebens,  wurde als unmöglich angesehen. 

 

 

 

Das irdische Leben war also aus der Sicht der Mexicas  Teil des ganzen Kreislaufes, der immer und immer wieder neue Lebensformen hervorbrachte, wenn nicht im Diesseits, so im Jenseits.

 

So gesehen werden viele Handlungen und Rituale, die uns heute als grausam erscheinen, nachvollziehbar.

 

Im Gegensatz zum Katholizismus und vielen anderen monoteistischen Religionen, in denen die Art der Lebensführung dafür verantwortlich war und immer noch ist,  an  welchen Ort man nach dem Tod gelangte

( „Wenn du brav bist, kommst du in den Himmel, wenn nicht, wartet das Fegefeuer auf dich....“), war im Politeismus der Mexicas bzw. Nahuas (die Ureinwohner Mexikos) die Art und Weise, wie man zu Tode gekommen war, für den Aufenthaltsort nach dem Tod ausschlaggebend.

 

 

Aus den antiken Codices weiß man heute, dass es für das Volk der Nahuas bzw. Mexicas vier Orte gab, an die die Verstorbenen nach ihrem Tod reisten, um dort weiterlebten:

 

Mictlán mit seinem Herrscher Mictlantecuhtli, Tlalocan mit dem Gott des Regens Tlaloc, Tonatiuhichan mit dem Sonnengott als Regenten sowie Chichihualcuahuhco, dem Reich für die verstorbenen Babys und Kinder. 

Mictlán (sprich: Miktlaan)

Der erste Ort, an den ein Verstorbener gelangen konnte, war regiert von seinem König MICTLANTECUHTLI (sprich: Miktlan - te- kuhtli) und dessen Gefährtin MICTLANTECIHUATL ( sprich: Mictlan-te-siuahtl).

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Mictlán, oder schlicht „Ort der Toten“, war jener Ort, an den alle Toten gelangten, die eines natürlichen Todes gestorben waren.

 

Michtlantecuhtli

Museo Nacional de Antropología / Mexiko Stadt

 

Mictlán war ein gruseliger Ort.

 

Dort bewegten sich ständig eine Unzahl von Messern aus Obsidian ( der im antiken Mexiko zur Herstellung von Kriegswaffen verwendet wurde), dornigen Pflanzen, wilden Agaven, stacheligen Nopales und Kakteen, sowie lodernden Spänen und es war schrecklich kalt.

 

Zur Leibspeise des göttlichen Duos zählten Hände und Füße, und sie liebten menschliches Blut.

 

 

Andererseits - MIchtlantecuhtli war ein dualer Gott, das heisst, er war zwar einerseits unersättlich gierig auf menschliches Fleisch und Blut, aber andererseits besaß er die Fähigkeit Leben zu schaffen und zu formen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Viele Repräsentationen dieses Gottes zeigen überproportional groß ausgebildete Leber und Gallenblase.

Diese beiden Organe wurden als Sitz des  Ihíyotl angesehen ( sprich: i- ijotl) bzw. der Seele der Unterwelt.

 

Ausserdem waren Leber und Gallenblase für die antiken Völker der Sitz der emotionalen Kräfte, darunter in erster Linie des Zorns.

 

 

Mictlantecuhtli kontrollierte - in "Absprache" mit Ihíhuatl - gleichzeitig das Leben, die Stärke, die Sexualität sowie die verdauungsfördernden Prozesse.

 

 

 


 

Mictlán war jener Ort, der im Vergleich zu den anderen Aufenthaltsorten des Jenseits mit Abstand der ungemütlichste war.

 

Schon allein der Weg dorthin war äußerst gefürchtet, musste man doch den Fluss der Unterwelt überqueren, was eine Unzahl an Qualen und schmerzhaften Hindernissen mit sich brachte.

 

Allerdings gab es eine Möglichkeit, sich die Sache etwas zu erleichtern:

 

 

Wer Zeit seines Lebens einen Hund großgezogen hatte, konnte erwarten, dass dieser ihn am Flussufer erwartete und sicher auf die andere Seite brachte.

 

 

 

Tlalocán (sprich: tlalokaan)

Wasser, eine überreiche Vegetation, Nebel und Regen prägen diese Landschaft im Jenseits, für einen Bauern der Antike das Ziel der Sehnsüchte.

 

Sein Herrscher ist Tlaloc, der Gott des Regens und der Gewitter, der hier mit seinen Gefährtinnen, den sogenannten „Tlaloques“, seine Wohnstätte besitzt.

 

 

Hierher gelangten jene, die durch einen Blitzschlag oder durch Ertrinken umkamen, ebenso wie jene, die an den Folgen verschiedener Hauterkrankungen gestorben waren.

 

All jenen, die in diese Kategorie fielen, wurde eine Sonderbehandlung von Seiten der Tlaloques (den Gefährtinnen Tlaloc`s)  zuteil, deshalb wurden sie nie bestattet oder verbrannt, sondern lediglich mit Blättern aus Erdbeerspinat bedeckt.

 

Tonatiuhichan ( sprich: tonatju itschan)

Tonatiuhichan oder "El cielo que es la morada del sol" - damit war der Himmel gemeint, der tagsüber vom Sonnengott bewohnt war.

 

Hierher gelangten zum Beispiel Kaufleute, die während ihrer Reisen zu Tode kamen, oder Krieger, die im Kampf fielen.

 

Jene Männer, die aus den sogenannten guerras floridas , wörtlich übersetzt „Blumenkriege“ (mehr lesen) als Verlierer hervorgegangen waren, wurden dem Sonnengott oder irgendeinem anderen Gott als Opfer dargebracht.

 

 

Aus heutiger Sicht mag das Ritual der Menschenopferung sehr grausam erscheinen, für die antiken Mexicas war es allerdings fixer und wichtiger Bestandteil ihres Lebens und sicherte ihnen den Weiterbestand.

  

 

 

 

 

 

 

 

 

Alle jene Toten also, Kaufleute und Gefallene oder Opfer von Kriegen, begleiteten Tonatiuh vom Sonnenaufgang an bis zum Mittagshimmel, wo sie vier Jahre lang verblieben.

 

Nach Ablauf dieser Zeit, so berichten die Codices, verwandelten sie sich in Schmetterlinge oder Kolibris und kehrten als solche auf die Erde zurück.

 

Damit begründet sich, dass diese Tiere von den alten Kulturen besonders verehrt und geschützt wurden.

 

 

Eine besondere Verehrung kam den Frauen zuteil, die im Kindbett bzw. während der Geburt gestorben waren.

 

Sie lösten um die Mittagszeit die toten Krieger ab und reisten fortan, mehr oder weniger frei, an der Seite der Sonne über den Himmel.

 

In der Weltanschauung der Mexicas hatten sie ihr Blut gegeben, um neues Leben zu ermöglichen und hatten durch ihren Tod göttlichen Status erhalten.

 

 

El Chichihualcuauhco ( sprich: tschi-tschi-ual-kuauko)

Der letzte Ort des Jenseits, basierend auf den antiken Codices, war für jene vorgesehen, die nicht für sich selbst sorgen konnten, die Kinder und Babys.

 

Man sagt, es sei ein Ort, an dem Böume mit weiblichen Brüsten wuchsen, aus deren Verzweigungen und Ästen fortwährend Milch floß.

 

An ihnen nährten sich die kleinen Verstorbenen und bereiteten sich, in der Hoffnung auf eine zweite Chance, auf ihre Rückkehr auf die Erde vor.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Der Franziskanermönch Bernardino von Sahagún ( 1499 - 1590) beschreibt diesen Ort in seinen Aufzeichungen:

 

 

....die, die ganz klein gestorben sind oder jene, die noch nicht von selbst gehen konnten, kamen nach Xochatlapan ( eine andere Bezeichung für diesen OrtI).

 

Angeblich gibt es dort eine Amme in Form eines Baumes, der die Kleinsten säugt, unter dem Baum ist es laut, weil dort schon die nächsten Kinder warten und nach dem Baum und seiner Milch rufen......“

 

 

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